SO FERN UND DOCH SO NAH
Klöster in einer globalen Welt
ALLIANCE INTER MONASTÈRES 1961–2011
CIMBRA –Konferenz für monastischen
Austausch in Brasilien
Vera Lucia Parreiras Horta OSB
Der 17. November 2009 markiert den Beginn der Existenz der CIMBRA als zivil anerkannter Rechtsperson. Auf einer von Freude erfüllten Vollversammlung approbierten damals die TeilnehmerInnen die neuen Statuten, mit denen ein am 31. August 1967 – also in der Zeit direkt nach dem Konzil – begonnener Verlauf besiegelt wurde. So wird die CIMBRA 2017 ihr fünfzigj.hriges Jubiläum feiern können!
Die CIMBRA hat sich folgende Ziele gesteckt:
1. Die Förderung und Koordinierung der Annäherung und Kontakte zwischen den männlichen und weiblichen Ordenskommunitäten Brasiliens, die nach der Regel des heiligen Benedikt und ihren jeweiligen Konstitutionen leben.
2. Die Förderung, Organisation und Realisierung von Kursen, Konferenzen, Kongressen, Seminaren und Diskussionen zum Studium monastischer Themen und zur Schaffung einer effizienten Zusammenarbeit ihrer Mitglieder.
3. Die Förderung des Austauschs mit anderen Vereinigungen ihrer Art.
Zum besseren Verständnis der CIMBRA muss man sich die monastische Welt Brasiliens im Licht ihres historischen Werdens und im Kontext der Kirche nach dem Zweiten Vatikanum genauer ansehen. Ein Jahr nachdem die in Rom vereinten Benediktineräbte die Synthese der Grundprinzipien des benediktinischen Mönchslebens ausgearbeitet hatten, hatte es eine Pioniergruppe benediktinischer Oberer gewagt, über die Grenzen ihrer Klöster und Kommunitäten hinauszugehen, und sie waren zum ersten Mal in Brasilien in São Paulo im Kloster São Geraldo der ungarischen Benediktiner zusammengekommen. In dieser Gruppe wirkte sich die Anwesenheit einer Äbtissin aus dem Nordosten des Landes, M. Mectildes Villaça Castro OSB, nachhaltig aus, weil sie dazu nicht nur geographisch einen weiten Weg zurückgelegt, sondern sich auch von den damaligen Vorstellungen der Klausur weit entfernt hatte. Das war der Beginn dessen, was man später die CIMBRA nennen sollte: Conferência de Intercâmbio Monástico do Brasil („Konferenz für den monastischen Austausch in Brasilien”). Sie führte Kommunitäten verschiedener monastischer Familien zusammen, die es im Land gab, von der ältesten benediktinischen Niederlassung auf dem amerikanischen Kontinent aus dem Jahr 1582, der Benediktinerkongregation Brasiliens, die im 19. Jahrhundert von der Beuroner Kongregation wiederhergestellt worden war, bis zu den erst in jüngster Zeit entstandenen Kommunitäten. Brasilien verfügte auch über die monastische Präsenz der Zisterzienser, von denen es Mönchsund Nonnenklöster recht unterschiedlicher Herkunft gab, so aus Italien, Österreich und Deutschland, von denen manche sich in der Brasilianischen Kongregation von Santa Cruz zusammengetan hatten. Weibliche Missionskongregationen wie diejenige der Tutzinger Missionsbenediktinerinnen waren 1903 ins Land gekommen und hatten sich so entwickelt, dass sie heute zwei Provinzen (zwei Priorate) umfassen. Die Benediktinernonnen kamen 1911 nach Brasilien, nachdem sie in der Abtei Stanbrook (England) ihre Ausbildung erhalten hatten, konnten also 2011 ihr hundertjähriges Jubiläum feiern.
Der Pioniergruppe schlossen sich neue monastische Kommunitäten an, als nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil europäische und nordamerikanische Kongregationen in unserem Land Gründungen unternahmen. Das war der Fall mit der amerikanisch-cassinensischen und der ungarischen Kongregation – letztere kam während des Zweiten Weltkriegs –, den Kongregationen der Olivetaner und Vallumbrosaner und später einer Neugründung der Kamaldulensermönche. Manche dieser monastischen Familien legten Wert auf die Präsenz von Frauenkommunitäten. Die Nonnen erhielten nach der Gründung der Kongregation de la Rainha dos Apóstolos („der Königin der Apostel“) und des Klosters do Encontro („von der Begegnung“) im Süden des Landes neuen Zulauf, wo bereits französische Benediktinermönche aus Tournay ansässig waren. In jüngerer Zeit hat das Kloster do Encontro in Amazonien ein Priorat gegründet, was in dieser Region ein Pionierprojekt darstellt, und auf dieses folgten zwei Kommunitäten von Nonnen der Brasilianischen Kongregation. Heute gibt es in Brasilien auch Trappisten und Trappistinnen, Klöster, die zur Kongregation von Subiaco gehören, Kommunitäten von Benediktinerschwestern aus Italien, Polen, Österreich und den USA sowie diözesane Klöster. Die reiche Vielfalt dieser Präsenz, die sich über das ganze Land erstreckt und sich besonders auf den Süden und Osten Brasiliens konzentriert, findet in der CIMBRA eine Begegnungsmöglichkeit, die sie alle brüderlich vereint.
Im Lauf dieser ersten Jahre stand man vor zwei großen Aufgaben: die im Land ansässigen Kommunitäten über die Grenzen ihrer eigenen Kongregationen hinaus einander näherzubringen und das vom Konzil geforderte „aggiornamento“ zu verwirklichen. Was die veröffentlichten Konzilsdokumente und dann auch noch die Dokumente der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen wie derjenigen von Medellín verlangten, führte zur folgenden Frage: „Wie ist in diesem neuen kirchlichen und lateinamerikanischen Kontext die monastische Präsenz zu verstehen?“ Während der Zeit, in der die Kirche sich selbst und ihren Auftrag angesichts neuer Herausforderungen besser zu verstehen versuchte, setzten sich die Mönche und Nonnen also mit den gleichen Fragen auseinander. Für die dazu entstehende Gruppe musste eine neue interne Organisation auf die Beine gestellt werden. So wurden von 1967 bis 1974 jährliche Treffen in den Klöstern von São Paulo- Morumbi und Rio de Janeiro veranstaltet, und ab dem dritten Treffen hatte man jeweils ein Reflexionsthema ausgewählt. Hier einige Beispiele: „Das Gebet im Leben des Mönchs“; „Der Mönch angesichts der Welt“; „Jugend und monastische Ausbildung“. Die ersten Zeiten waren von zahlreichen Spannungen geprägt, die von zuweilen konfliktreichen Standpunkten verursacht wurden sowie von der Überlegung, ob man eine brasilianische Kongregation schaffen sollte, in der alle monastischen Familien vereint wären, so wie das die Kommunitäten im Süden des Kontinents gemacht hatten; aber das erwies sich als für Brasilien nicht angemessen.
Zur Koordination der CIMBRA wurden mit Unterstützung der Brasilianischen Benediktinerkongregation, der ungarischen Kongregation und des Klosters Morumbi Vorstandsgremien gebildet. Wir konnten uns dabei auf die ständige Mitarbeit der Kommunitäten von Vita et Pax und der Olivetaner- Nonnen – unter diesen vor allem auf M. Clara Hermans – und die Missionsbenediktinerinnen von Tutzing verlassen. Es sei aus dieser ersten Epoche der CIMBRA auch noch festgehalten, dass es zur Veröffentlichung der Cadernos beneditinos („Benediktinischen Hefte“) kam, Kommissionen für Liturgie und Gesang aktiv waren und Blätter mit Lesungen patristischer und anderer Autoren herausgegeben wurden, die das Offizium der Vigilien bereicherten. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Jahrbücher der Benediktiner Brasiliens, das Zentrum für monastische Information, das liturgische Bulletin, das Informationsbulletin und der Beginn der Arbeit an der Übersetzung der monastischen Quellen. Erwähnt werden müssen auch eine Hilfe für die Reisekosten für die Treffen und eine Bücherschenkung. Was die derzeitige Organisation angeht, hat sich die CIMBRA einfachere Statuten gegeben. Die Zusammensetzung des Vorstandsgremiums hat sich nach und nach so herausgebildet, dass es jetzt einen Vorsitzenden und sechs Ratsmitglieder gibt, davon drei Männer und drei Frauen. Man achtet nicht nur auf das Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen, sondern auch auf eine ausgewogene Vertretung aller monastischen Familien Brasiliens.
Unter den Vorsitzenden haben sich im Lauf der Entwicklung der CIMBRA mehrere Persönlichkeiten besonders hervorgetan, darunter Abt Dom Basílio Penido OSB, Dom Leo Rothrauf, Dom Paulo Rocha OSB, Dom Ernesto Linka OSB als Repräsentanten der brasilianischen und ungarischen und der in neuerer Zeit ins Land gekommenen amerikanisch-cassinensischen Mönche. Die Vorsitzenden der letzten Vorstandsgremien waren Dom Edmilson Amadeu Caetano OCist, der jetzt Bischof von Barretos (Staat São Paulo) ist und Dom Bernardo Bonowitz OCSO.
Dom Joaquím de Arruda Zamith, emeritierter Abt und derzeit Mitglied der Kommunität S. Bento de Vinhedo (Staat São Paulo), hat in seiner Rolle als ständiges Mitglied dieses Vorstandsgremiums viel zur Entwicklung der monastischen Studien beigetragen. Dom Leo Rothrauf hat mittels seiner Besuche in einer großen Anzahl von Klöstern den Boden für die Verwirklichung des ersten Treffens der CIMBRA JOVEM („Jugend-CIMBRA“, Studienwochen für junge Professen) bereitet. Dom Paulo Rocha hat eine bemerkenswerte Aktivität für die Publikationen der CIMBRA entfaltet. Dank der Hilfe von Dom Timóteo Amoroso Anastácio OSB, eines Kenners des Lateinischen und Griechischen, konnten die „Einrichtungen“ und „Konferenzen“ von Cassian ins Portugiesische übersetzt werden, sowie auch verschiedene Lebensbeschreibungen und andere monastische Quellen. Wie wichtig das Studium dieser Quellen für das Studium der Regel des heiligen Benedikt ist, zeigte sich deutlich anlässlich der Kurse, die Sr. Aquinata Böckmann OSB und Dom Adalbert de Vogü. OSB ab 1981 auf Einladung von Abt Inácio Accioly OSB im Kloster São Bento in Rio de Janeiro gaben und die der CIMBRA offen standen. Dank der markanten Persönlichkeit dieser Mitbrüder und des persönlichen Talents jedes von ihnen konnte die CIMBRA in unserem Milieu fest Fuß fassen. Diese Treffen schufen einen Raum der Reflexion und führten zur Anfertigung von monastischen Unterlagen, die bis heute Verwendung finden.
Das Jahr 1972 brachte uns eine große Neuheit: das erste lateinamerikanische monastische Treffen, heute EMLA genannt. Es wurde im Kloster São Bento in Rio de Janeiro organisiert und hatte das Thema: „Das monastische Leben heute und in Lateinamerika“. Die EMLA-Treffen waren der erste Schritt in Richtung der Kongregation der monastischen Familien der drei Amerikas und wurden zur regelmäßigen Einrichtung, die nach und nach im Rahmen dessen organisiert wurde, was jetzt UMLA heißt, die „Monastische Union von Lateinamerika“. Die drei monastischen Organisationen des südamerikanischen Kontinents, ABECCA, CIMBRA und CONOSUR gehören ihr an und sie verfügt heute über ein kleines Statut. Die Treffen der EMLA finden alle vier Jahre statt, jedes Mal in einer anderen der drei genannten Regionen. Heute kennt die lateinamerikanische monastische Welt ihr Gesicht und ist durch solide Bande der Brüderlichkeit und gegenseitigen Hilfe miteinander vereint.
Das Jahr 1976 zeichnete sich durch die erste Begegnung der in Ausbildung befindlichen Jungen aus, die im Kloster São Bento in Rio de Janeiro stattfand und das Thema hatte: „Die benediktinische Kommunität im Dienst der Kirche.“ Diese Begegnungen namens CIMBRA JOVENS („Jugend- CIMBRA“) sind zur Tradition geworden und werden seit ihrer Schaffung ununterbrochen alle zwei Jahre in Form einer Studienwoche abgehalten. Ein Team, bestehend aus Sr. Ursula Worringen OSB, M. Teresa Paula Perdigão OSB und M. Äbtissin Paula Iglésias OSB sowie weiteren Mitarbeiterinnen, hat mehrere Generation dadurch geprägt, dass es zur Vertiefung des monastischen Lebens und dem Knüpfen von Freundschaftsbanden beitrug, die einem ganzen Leben seinen Stempel aufdrücken.
Unlängst wurde eine über drei jährliche Tagungen ausgedehnte CIMBRA JOVEM in Form eines Patrologie-Kurses veranstaltet.
1979 dehnte die CIMBRA ihre Aktivität auf den Bereich der Liturgie aus und organisierte Wochen der Sakralmusik. Die auf diesem Gebiet besonders fähigen Mönche und Nonnen wurden von professionellen Könnern auf diesem Gebiet unterwiesen, fingen mit dem Studium des Gregorianischen Chorals und der Musik ganz allgemein an und begannen dann, für das Göttliche Offizium und die Messe ein Repertoire in der Volkssprache zu schaffen. Die Mitarbeit von Dom João Evangelista Enout OSB unter anderem für den Gregorianischen Choral sowie die von Dom Matias Fonsecas de Medeiros OSB war sehr wertvoll.
Die Treffen der Ewigen Professen zu verschiedenen Themen, die Zweijahresversammlungen, wie man sie nennt, sind der normale Raum der CIMBRA zum Atemholen und weiteren Ausstrahlen. Man wählte Themen wie Gebet, Arbeit, Gesundheit, bedeutende Anlässe des Mönchtums wie die Fünfzehnhundertjahrfeier des heiligen Benedikt oder erörterte nach jeder wichtigen Bischofskonferenz wie denjenigen von Santo Domingo, Puebla und Aparecida, wie die Klöster in ihrer Praxis mit der Kirche in Lateinamerika Schritt halten können, und so versucht die CIMBRA als Sprachrohr aller, das monastische Leben im Land zu inspirieren und auf seinem Weg zu begleiten. Wir hoffen, auf diese Weise unsere Sendung erfüllen zu können, indem wir aus unserer Geschichte schöpfen, uns in deren Wurzeln vertiefen und den Blick in die Zukunft richten, die es zu gestalten gilt. Die jüngste neue Einrichtung der CIMBRA ist die „Schule für den Dienst des Herrn“, ein Programm für Ausbilder, das aus jährlich zwei zwanzigtägigen Kursen besteht. Mit diesen Initiativen und noch anderen stellt die CIMBRA, die aufmerksam die aktuellen monastischen Bewegungen der verschiedenen durch die Regel des heiligen Benedikt miteinander verbundenen Familien verfolgt, eine der zahlreichen Einrichtungen dar, die das Heute der monastischen Welt bereichern und wofür wir alle von Herzen dankbar sind.
Vera Lucia Parreiras Horta OSB: Nonne der Abtei Salvador in Salvador de Bahia (Brasilien). Sie wurde von ihrer Gemeinschaft 1997 zur Äbtissin gewählt und ist seit 2010 Vorsitzende von CIMBRA.