Mauro Giuseppe Lepori OCist
Generalabt der Zisterzienser
„Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er
geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme.“
Lukas 17,11-161
Vielleicht ist es dieser Satz, der uns sagt, in welchem Geist wir aufgerufen sind, unser Generalkapitel sieben Jahre nach dem letzten zu beginnen, während die Welt in der Zwischenzeit unter einer schweren Pandemie, einem Bruderkrieg, der die ganze Welt in Gefahr bringt, und einer großen politischen und wirtschaftlichen Instabilität gelitten hat und immer noch leidet. Jeder wird andere Gründe haben, jeder hat seine „unheilbare Krankheit“, seine „Lepra“, seinen „Dorn im Fleisch“, was auch immer. Was uns vereinen sollte, ist, dass jeder von uns Gründe hat, immer wieder zu Jesus zurückzukehren, ihn anzubeten und ihm zu danken. Und das ist es, was uns zusammenbringt.
Zurückkehren, anbeten, danken. Wir lernen von dem geheilten Aussätzigen diese drei großen Dimensionen des Lebens und des Glaubens an die Erlösung. Jesus sagte am Ende zu ihm: „Steh auf und geh; dein Glaube hat dich geheilt“ (Lk 17,19). Es ist, als würde er sagen, dass die Rückkehr zu Ihm, die Anbetung und die Dankbarkeit die Dimensionen eines Glaubens sind, der uns rettet. Von Christus erhalten wir nicht nur die Gesundheit, die früher oder später wieder verloren geht, nicht nur die Lösung für unsere unmittelbaren Probleme, sondern die Rettung des Lebens, die Rettung für immer. Der geheilte Aussätzige brauchte nicht nur Gesundheit. Er verstand, dass das Wunder ein Zeichen für etwas viel Größeres und Wertvolleres war: Es war ein Zeichen für Christus den Erlöser, es war ein Zeichen, dass der Erlöser anwesend war und ihn liebte.
Aus diesem Grund kehrte er zu Ihm zurück. Gesundheit war ihm nicht genug: er sehnte sich nach Christus, er sehnte sich danach, dem Herrn und Retter des Lebens wieder und wieder zu begegnen. Die anderen neun geheilten Aussätzigen kehrten in ihr normales Leben zurück, sicherlich mit Freude. Aber ist das wirklich der einzige Sinn des Lebens? Lohnt es sich, gesund zu sein, nur um Krankheit und Tod für eine gewisse Zeit zu überleben? Christus bietet uns so viel mehr. Christus bietet uns nicht nur Gesundheit, nicht nur die Lösung für unsere Probleme, Schwierigkeiten und Leiden. Christus bietet uns sich selbst!
Deshalb rettet uns der Glaube, weil der Glaube uns dazu bringt, an Christus festzuhalten, immer wieder zu ihm zurückzukehren, zu seiner Gegenwart, zu seiner Liebe; ihn durch Anbetung als unseren Gott anzuerkennen; ihn als die unerschöpfliche Quelle unserer Freude anzuerkennen, was uns dazu bringt, Gott immer und für alles zu loben und zu danken. Zu Christus zurückzukehren, von Christus neu zu beginnen, bedeutet auch zu erkennen, dass seine heilende und rettende Gegenwart an einen Ort gebunden ist, und dass wir, wenn wir ihm wirklich begegnen wollen, dorthin gehen müssen, wo er sich befindet.
Selbst Naaman, der heidnische Befehlshaber, den Gott durch das Eingreifen des Propheten Elisha vom Aussatz heilte, versteht, dass er das Land Israel mit sich nehmen muss, in dem er zum wahren Gott beten kann. Dieses Land ist für uns ein Symbol für die Kirche, die Gemeinschaft von Menschen und Gemeinschaften, in die wir immer wieder zurückkehren dürfen, um den Herrn zu treffen, anzubeten und zu loben. Dieses heilige Land ist der Ort unserer Berufung, unsere Gemeinschaft, unser Orden. Unsere zisterziensischen Väter verstanden von Anfang an, dass das zisterziensische Charisma, genährt vom Charisma Benedikts, immer mit dem heiligen Land der Gemeinschaft zwischen den Klöstern, die aus dem neuen Kloster Cîteaux hervorgegangen sind, verbunden sein würde. Und dass das wichtigste Mittel, um auf dieser Erde zu Christus zurückzukehren, die Zusammenkunft des Generalkapitels sei.
Deshalb sollten wir nicht zum Generalkapitel zurückkehren, als ob wir uns wie ein Parlament versammeln oder einen Kongress abhalten würden, sondern in dem Bewusstsein, dass wir uns gemeinsam auf dem heiligen Boden der Begegnung mit dem Herrn Jesus befinden, der uns rettet, der uns seinen Heiligen Geist schenkt und uns in der universellen Bruderschaft der Kinder Gottes, des Vaters, erneuert.
Das Generalkapitel wird gut verlaufen und das Leben des Ordens erneuern, wenn der Heilige Geist in diesen Tagen unsere Herzen öffnet, um auf Jesus zu hören, der uns immer wieder sagt: „Steh auf und geh; dein Glaube hat dich geheilt“ (Lk 17,19).
1 Predigt anlässlich der Votivmesse zum Hl. Geist bei der Eröffnung des Generalkapitels am 9. Oktober 2022.