Geraldo González y Lima OSB

Abtei São Geraldo (São Paulo, Brasilien)

Lectio divina, Synodalität...
und Theokratie!

Lukas 24,13-35

 

LectioGeraldoViele unserer klösterlichen Gemeinschaften erleben schwierige Zeiten mit alternden Mitgliedern, fehlenden Berufungen, den sozioökonomischen Folgen von Pandemien, Klimawandel usw. und müssen angesichts ihrer Gegenwart und ihrer nahen Zukunft komplexe Entscheidungen treffen.

In diesem Zusammenhang haben wir auch einen erneuten Aufruf von Papst Franziskus erhalten, die Tradition und Weisheit des Konzepts der „Synodalität“ zu nutzen, bei dem jeder eingeladen ist, zuzuhören und gehört zu werden.

Wenn man an „Synodalität“ in benediktinischen Begriffen denkt, fällt einem sofort das dritte Kapitel der Benediktsregel ein, in dem alle „zum Rat gerufen werden“, einschließlich der jüngeren Mitglieder. Angesichts komplexer Entscheidungen mit starken Konsequenzen für unsere Gemeinschaften fragen wir uns jedoch oft, ob wir eine „Monarchie“ oder eine „Demokratie“ sind, und dieselbe monastische Tradition erinnert uns daran, dass wir weder das eine noch das andere sind, sondern vielmehr eine „Theokratie“, wobei „Theokratie“ als die Gemeinschaft verstanden wird, die gemeinsam nach dem Willen Gottes und seiner konkreten Umsetzung in ihrem Leben sucht.

Wie können wir also die „Synodalität“ mit der „Theokratie“ in Einklang bringen, um den Willen Gottes und seine Erfüllung in unseren Gemeinschaften gemäß der benediktinischen Tradition zu suchen?

Wieder einmal hinterlässt uns die benediktinische Klostertradition ein wertvolles Instrument: die geteilte lectio divina! Machen wir von diesem Instrument Gebrauch? Ich schlage daher diese Möglichkeit vor, die auf dem biblischen Text der Emmausjünger (Lukas 24,13-35) basiert:

„13 Am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist. 14 Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte.“

Sprechen wir auf den „Wegen“ und in der Heilsgeschichte unserer Gemeinden über alles, was geschieht, seien es Momente des Zweifels und des Schmerzes oder des Glücks und der Freude? Es lohnt sich, daran zu denken, dass, wenn ich einen Schmerz teile, er halbiert wird, und wenn ich eine Freude teile, sie sich vervielfacht.

„15 Und es geschah, während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus selbst hinzu und ging mit ihnen. 16 Doch ihre Augen waren gehalten, sodass sie ihn nicht erkannten.“

Wo zwei oder mehr in seinem Namen versammelt sind, d. h. in einer gemeinsamen lectio divina, „wandelt“ Jesus da nicht mitten unter ihnen? Auch wenn wir ihn manchmal wegen unserer Trockenheit nicht erkennen, er „ist“ unter uns!

„17 Er fragte sie: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet? Da blieben sie traurig stehen 18 und der eine von ihnen – er hieß Kleopas – antwortete ihm: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als Einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist?“

Manchmal beginnen wir die lectio divina traurig, aber durch sein Wort hört Jesus nicht auf, uns zu fragen und den Grund für unsere Traurigkeit zu suchen. Habe ich diese Ausdauer, um Gott zu suchen?

„19 Er fragte sie: Was denn? Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazaret. Er war ein Prophet, mächtig in Tat und Wort vor Gott und dem ganzen Volk. 20 Doch unsere Hohepriester und Führer haben ihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen. 21 Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde. Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem das alles geschehen ist. 22 Doch auch einige Frauen aus unserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Sie waren in der Frühe beim Grab, 23 fanden aber seinen Leichnam nicht. Als sie zurückkamen, erzählten sie, es seien ihnen Engel erschienen und hätten gesagt, er lebe. 24 Einige von uns gingen dann zum Grab und fanden alles so, wie die Frauen gesagt hatten; ihn selbst aber sahen sie nicht.“

Begegnen wir in der lectio divina nicht ständig dem Leiden, dem Tod und der Auferstehung Jesu? Und finden wir nicht in derselben lectio divina die Bedeutung des Leidens, des Todes und der Auferstehung unserer „Gemeinden“?

„Ich weiß, dass Ostern ist, weil ich die Freude erhalte, dich zu sehen“, sagt Benedikt zu dem Priester, der ihn in Subiaco aufgesucht hat, um mit ihm Ostern zu feiern (Zweites Buch der Dialoge, Kapitel 1).

„25 Da sagte er zu ihnen: Ihr Unverständigen, deren Herz zu träge ist, um alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. 26 Musste nicht der Christus das erleiden und so in seine Herrlichkeit gelangen? 27 Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht.“

Bezeugt uns Jesus in der lectio divina also nicht seine und unsere Heilsgeschichte? Um diese „Einsicht“ zu erlangen, ich meine, um diese „göttliche Lesung“ der Ereignisse auf der Grundlage der Heiligen Schrift vorzunehmen, muss ich jedoch immer um die Hilfe des Heiligen Geistes bitten.

„28 So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, 29 aber sie drängten ihn und sagten: Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt! Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben. 30 Und es geschah, als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach es und gab es ihnen. 31 Da wurden ihre Augen aufgetan und sie erkannten ihn; und er entschwand ihren Blicken.“

Wenn wir den „Tisch des Wortes“, den Ambo, und den „Tisch des Brotes“, den Altar, teilen, erkennen wir dann nicht, wer Jesus ist? Bleibt er nicht in seinem geteilten Wort bei uns „wohnen“?

„32 Und sie sagten zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete? 33 Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück und sie fanden die Elf und die mit ihnen versammelt waren.“

Entflammt die lectio divina, die an diesen „Tischen“ geteilt wird, nicht unsere Herzen? Verwandelt sie nicht Traurigkeit in Freude und Sinnlosigkeit in Hoffnung? Richtet uns die gemeinsame lectio divina nicht auf das himmlische Jerusalem aus, die Stadt des Friedens, in der sich Gottes Wille für uns erfüllt?

Fragt uns Benedikt nicht: „Ist nicht jede Seite oder jedes von Gott beglaubigte Wort des Alten und Neuen Testamentes eine verlässliche Wegweisung für das menschliche Leben“ (RB 73,3).

„34 Diese sagten: Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen. 35 Da erzählten auch sie, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.“

Führt uns die geteilte lectio divina dazu, mit Jesus aufzuerstehen? Wäre das nicht auch der Weg zur Auferstehung für unsere Gemeinschaften? Werden wir in der geteilten lectio divina nicht Zeuge der Begegnung mit Jesus und der Einsicht in den Willen Gottes, des Vaters, durch den Heiligen Geist?

Ist das nicht die Bedeutung des „Suscipe me“ in unseren Gemeinden: „Nimm mich auf, Herr, nach deinem Wort, so werde ich leben, und enttäusche mich nicht in meiner Hoffnung“ (Psalm 118,116)?

Herr!
indem wir dein Wort teilen,
erkennen wir dich im Brot des Lebens
und in der Geschichte unserer Erlösung!
Amen.