AHIMSA Stiftung
Frankreich
AHIMSA Stiftung
Im Dienst der Gesundheitssorge
für die Armen
Im Juni 2017 nahm P. Jean-Pierre Longeat als Präsident der AIM am Internationalen Forum der Vereinigung AHIMSA in Annecy teil. Diese Vereinigung bringt Mitarbeitern von Entwicklungshilfe im Bereich der Gesundheit untereinander in Kontakt und unterstützt Hilfsaktionen in der ganzen Welt. Dabei werden auch zunehmend kirchliche Organisationen einbezogen. Im Gespräch ist eine Zusammenarbeit zwischen AIM und AHIMSA. Im Folgenden soll daher die Tätigkeit von AHIMSA vorgestellt werden.(Zu AHIMSA siehe: http://www.ahimsa-fund.com.)
Ahimsa ist ein Name, den der Gründer dieser Stiftung, Jean-François de Lavison, erfunden hat. Das damit verbundene Konzept bildet die Grundlage für sein Projekt eines verbesserten Zugangs zur Gesundheitsvorsorge für die Ärmsten der Armen. Im Folgenden sollen die Leitprinzipien der Ahimsa Stiftung erläutert werden, welche hinduistische Wurzeln haben.
„Seid selbst die Veränderung, welche ihr der Welt wünscht“
Diese Worte Gandhis stehen im Zentrum der Philosophie der Ahimsa-Stiftung, deren innovative Projekte auf einen verbesserten Zugang zur Gesundheitssorge und einer Verminderung der Ungleichheit in den bedürftigsten Regionen der Welt abzielen.
Jean-François de Lavison, der Gründer von Ahimsa, wurde durch zahlreiche Aufenthalte in Indien geprägt, wo er eine Niederlassung von BioMérieux gegründet hat[1]. Daher hat er eine besonders enge Beziehung zu diesem Land und hat aus ihm den Begriff für sein Herzensprojekt entlehnt. Das Wort „Ahimsa“ stammt aus dem Sanskrit und vereint in sich die Werte des Wohlwollens, des Gewaltverzichtes und des Respekts für das Leben. Es ist weit mehr als ein Wort, sondern enthält ein Konzept, das Gandhi inspirierte, für den „Armut die schlimmste Form von Gewalt war“, und auch Nehru. Beide entwickelten eine Philosophie, auf die Lavison gerne zurückgreift.
Ahimsa wird oft dargestellt durch eine Kuh und eine Löwin, die nebeneinander ihren Durst stillen, während junge Löwen von den Zitzen der Kuh und junge Kühe von denjenigen der Löwin trinken. Damit soll ausgedrückt werden, dass Ahimsa den Willen umfasst, die Kulturen trotz aller scheinbaren Unterschiede zusammenzuführen und das Leben als Gemeinsamkeit sichtbar werden zu lassen.
Ein verbesserter Zugang zur Gesundheitsvorsorge
Der Weltmarkt für Gesundheitssorge teilt sich zu 70% zugunsten der „reichen“ Länder und 30% für „arme“ Länder auf, obwohl in den letzteren Ländern 80% der Weltbevölkerung leben.
Die Globalisierung hat zudem die Ungleichheit in der Welt zunehmen lassen und das sogar in den sogenannten entwickelten Ländern. Auch ist die frühere Abgrenzung zwischen armen und reichen Ländern heute weit weniger trennscharf: auch in sogenannten armen Ländern gibt es Superreiche und in den reichen Ländern ausgesprochen arme Menschen. Damit die Armut sich nicht weiter ausbreitet, hat die Ahimsa Stiftung verschiedene Strategien der Armutsbekämpfung entwickelt.
Armut wird nicht überall in derselben Weise gelebt. In den unterentwickelten Ländern neigen Arme dazu, sich in Gemeinschaften zusammenzuschließen, um aus der Solidarität Kraft zu schöpfen. In entwickelte Ländern dagegen, wo extreme Armut oft von der Gesellschaft selbst verursacht wird (Verlust des Arbeitsplatzes usw.), sind Arme oft isoliert. Da sie von der Gesellschaft abgeschrieben werden, neigen Arme nicht selten dazu, die Gesellschaft ihrerseits abzulehnen. Das wird von Lavison folgendermaßen zusammengefasst:
„In unterentwickelten Ländern werden die Menschen arm geboren, sie leben arm und sie sterben arm. In reichen Ländern werden sie nicht arm geboren, werden dann aber arm und bleiben arm.“
Jedes Gesundheitsprojekt muss sich ziemlich schnell der Frage stellen: Wie erreicht die Gesundheitssorge die Kranken? Oft können isoliert lebende Bevölkerungsgruppen nicht den Ort erreichen, wo ihnen geholfen wird: Die Transportkosten sind für die Betroffenen unerschwinglich, vor allem im ländlichen Raum, wo große Distanzen zu überwinden sind. Außerdem ist die örtliche Bevölkerung nicht selten misstrauisch gegenüber der modernen Medizin und in vielen Fällen ist für die betroffenen Menschen ihre Gesundheit gar kein vorrangiges Anliegen. Vielfach ist es daher empfehlenswert, dass sich der Helfer zum Kranken begibt, auch um eventuelle Seuchengefahren zu vermindern. So halten es beispielsweise die Hilfsorganisationen SAMU Social oder Rotes Kreuz. Bei ihnen ist es üblich, dass sich die Helfer (meistens allerdings Krankenschwestern, keine Ärzte) zum Krankheitsort begeben.
Vier innovative Gesundheitsprojekte
- Lifeline Express (Indien)
Seit 1991 durchquert der „Lifeline Express“ Indien, um an den entlegensten Orten medizinische Hilfe zu leisten. Die fünf blauen Waggons, die vollständig mit Wolken und Regenbogen übermalt sind, halten bei jedem Stop mehrere Tage oder auch Wochen, um dort chirurgische Eingriffe vorzunehmen, vor allem in folgenden Fällen: grauer Star, Kinderlähmung und dadurch verursachte Körperverformungen, Plattfüße usw.
- Phelophepa: „Zug der Hoffnung“ (Südafrika)
In Südafrika stellt der Zug „Phelophepa“ (Zug der Hoffnung) die größte mobile Klinik der Welt dar, welcher seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 1994 24 Millionen Menschen auf dem südafrikanischen Land erreicht hat. Über die Jahre hinweg hat sich die Kooperation mit Partnergruppen in den Dörfern immer besser entwickelt: Die Dorfbewohner bringen besonders schwache Personen direkt zum Zug, während andere sich um die Unterkunft und die Ernährung des medizinischen Begleitpersonals kümmern.
- Friend-Ship: Schwimmende Krankenhäuser (Bangladesh)
In Bangladesh betreut die Hilfsorganisation „Friendship“ über Schiffe die vernachlässigten und ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen, die in den Flusszonen des Landes leben. Es handelt sich dabei um schwimmende Krankenhäuser. Zur Ausstattung gehören Geburtshilfe, Augenklinik, Fußpflege, zwei Operationsräume, einer für Sterilisierungen, der andere für Bestrahlung.
- Labomobil: Laboratorium auf Rädern (Guinea)
Das dritte Modell nach Zug und Schiff ist das Straßenfahrzeug mit Klinikeinbau, welches vor allem abgelegene Küstenabschnitte von Guinea besucht, um dort vernachlässigte Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Das Labomobil ist ein Allradfahrzeug, das über ein Laboratorium auf neuestem Stand verfügt, welches in der Lage ist, Epidemien wie Cholera, Meningitis und andere bakterielle Krankheiten aufzuspüren und zu bekämpfen.
„Wir leben inmitten eines Meers von Armut. Doch man kann dieses Meer auch eindämmen. Unsere Arbeit ist nur ein Tropfen in einem Eimer und dennoch ist dieser Tropfen notwendig.“ (Mutter Theresa)
Die Zukunft der weltweiten Gesundheitsvorsorge besteht darin, die Vorteile der Globalisierung zu nutzen, um Kooperationsprojekte in die Wege zu leiten, welche Armut an der Wurzel bekämpfen. Das gilt für Projekte des sozialen Unternehmertums, welche mit der Entwicklung der Gesundheitsvorsorge eng verbunden sind, aber auch für unmittelbare ärztliche Hilfe. Viele Projekte haben schon gezeigt, dass man für eine bessere gesundheitliche Betreuung vernachlässigter Gruppen den direkten Kontakt mit der Bevölkerung suchen muss.
Im Jahr 2017 konnte das dritte Ahimsa-Forum veranstaltet werden, an dem zahlreiche Führungspersönlichkeiten aus der ganzen Welt teilnahmen, die im Gesundheitswesen tätig sind, vor allem von privaten Hilfsorganisationen, aber auch von großen internationalen Einrichtungen. Dabei wurde nicht die übliche Vortragsform gewählt, sondern Diskussionsgruppen, so dass ein lebendiger Austausch entstand, bei dem auch das Publikum einbezogen war. AIM, vertreten durch P. Jean-Pierre Longeat, beteiligte sich am Diskussionsforum über Gesundheit und Gruppenethos.
[1] BioMérieux ist ein französisches Unternehmen, das eine international führende Stellung im Bereich der Mikrobiologie einnimmt. Es ist in 60 Ländern mit über 41 Filialen und einem umfangreichen Netzwerk von Lieferanten repräsentiert.