Reisen nach Vietnam
Mai bis Juli 2016
Jean-Pierre Longeat OSB, Präsident der AIM
Im Jahr 2016 lag ein besonderer Schwerpunkt der AIM auf der Zusammenarbeit mit den vietnamesischen Klöstern. Daher reiste ich im Mai in den Norden des Landes nach Hanoi und im Juli in den Süden nach Ho Chi Minh Stadt (Saigon) und das jeweilige Umland. Bei diesen Reisen habe ich ungefähr ein Dutzend Klöster besucht.
Die katholische Kirche ist seit dem 17. Jahrhundert in Vietnam präsent. Innerhalb einer Bevölkerung von ca. 92 Millionen Menschen sind 5,66 Millionen katholisch, d.h. ca. 7 %. Kirchlich ist das Land in 26 Diözesen und drei Kirchenprovinzen unterteilt. Das Land selbst ist von der Fläche her ein wenig kleiner als Deutschland.
Am Ursprung des Glaubens und der religiösen Ideen
Von einem religionsgeschichtlichen Standpunkt aus handelt es sich bei Vietnam um eine wichtige Schaltstelle zwischen der chinesischen und der indischen Welt. Die daraus entspringenden spirituellen und moralischen Kräfte haben das vietnamesische Volk im Lauf seiner tragischen Geschichte immer wieder getragen. Die geistige Welt, Sitten und Gebräuche sind tief geprägt von Buddhismus, Konfuzianismus und Daoismus. Der Buddhismus wird von etwa 10 % der Bevölkerung praktiziert, während der Konfuzianismus das gesamte Familienleben und die Ahnenverehrung durchdringt, die im ganzen Land noch lebendig ist.
In Vietnam sind zahlreiche Pagoden zu sehen. Das Wort „Pagode“ bezeichnet einen Ort, an dem Reliquien eines Weisen aufbewahrt wird. Für die buddhistische Religion ist es ein Kultort, der sich über die mehreren Etagen der manchmal rund, acht- oder viereckigen Pagodentürme erstreckt. Üblicherweise wird die Pagode von einer buddhistischen Mönchs- oder Nonnengemeinschaft betreut.
Der Kommunismus ist im Land noch stark vertreten, vor allem im Norden. Die religiösen Minderheiten werden weiterhin streng kontrolliert, auch wenn sich die Lage im Vergleich zu früheren Jahrzehnten entspannt hat.
Besuch in Nordvietnam (Mai 2016)
Im Norden gibt es nur ein einziges Kloster, nämlich die Abtei Châu Son, die sich südlich von Hanoi in der Region Ninh Binh befindet. Die dortige zisterziensische Gemeinschaft gehört der einheimischen Kongregation von der Hl. Familie an.
Persönliche Kontakte mit dem Ortsklerus haben mir erlaubt, die Situation vor Ort auch aus der Innenperspektive zu verstehen. So sind in Hanoi ungefähr 150 Priester im Einsatz und im interdiözesanen Seminar werden ca. 300 Seminaristen unterrichtet.
Châu Son
Nachdem ich mir die Stadt Hanoi etwas angesehen hatte, begab ich mich in das Kloster Châu Son, das ungefähr 120 km von Hanoi entfernt liegt. Mein Fahrer ist ein etwa vierzigjähriger Mann, der zur Pfarrei der Kathedrale gehört und dort ein Paramenten-Geschäft betreibt.
Um in das Kloster zu gelangen muss man zunächst eine Waldregion und dann eine leicht hügelige Landschaft durchqueren. Nach einer Fahrt von zweieinhalb Stunden gelangen wir an den Eingang des Kloster. „Châu Son“ bedeutet übersetzt „Bergperle“, was sich auf den benachbarten Berg bezieht, der für die umliegende Bevölkerung ein Pilgerziel darstellt. Das Kloster hat nach seiner Gründung im Jahr 1936 die Wechselfälle zweier vietnamesischer Bürgerkriege überstehen müssen.
Hier lebten bis zu 200 Mönche, wobei im Umland ungefähr 2000 Katholiken angesiedelt waren. Nach den Abkommen von Genf von 1954 blieb noch ein einziger Mönch zurück, der die Klosteranlage bewachte. Er verstarb im Jahr 1998 im Alter von 85 Jahren. Die anderen Mönche flohen und gründeten als neues Kloster Süd-Châu Son in Südvietnam. Nach dem Fall der Berliner Mauer fanden sich einige Kandidaten ein. Der große Aufschwung setzte dann mit der Jahrtausendwende ein ebenso wie in den anderen Klöster des Südens und des Zentrums. Nord-Châu Son ist zur Zeit das Kloster mit dem höchsten Nachwuchs innerhalb der Kongregation der Hl. Familie. Zum Kloster gehören nunmehr ungefähr 150 Mönche, von denen nur 25 die ewige Profess besitzen. Alle anderen sind zeitliche Professen, Novizen oder Kandidaten. Ungefähr hundert Mönche leben im Kloster selbst, während die anderen sich auswärts in der Ausbildung befinden oder in seelsorglichen Aufgaben eingesetzt sind.
Das riesige Abteigebäude wurde zwischen 1939 bis 1945 errichtet und besteht aus Ziegeln, die vor Ort hergestellt wurden. Die vier großen viereckigen Teiche, die das Kloster umgeben, gehen auf die Ausschachtungen zurück, mit denen der Lehm für die klösterlichen Ziegel gefördert wurde. Heute werden in den Teichen Fische gezüchtet.
Das Kloster wird von P. Dominique Savio geleitet. Er hat vier Jahre Theologie in Toulouse studiert, so dass wir uns gut auf Französisch verständigen können. Die neue Mönchsgeneration hat das bereits früher schon große Kloster nochmals erweitert. Vor allem die Arkaden des Erdgeschosses sind beeindruckend, das von zwei weiteren Stockwerken überragt wird. Zur Zeit wird ein weiteres Gebäude errichtet, das die vielen Klosterkandidaten aufnehmen soll.
Die Arbeit der Mönche besteht in der Produktion von Wasserflaschen und -kanistern, Gemüse- und Reisanbau, Schweine-, Hühner und Fischzucht, Herstellung von Kerzen, Holzrosenkränzen und religiösen Skulpturen. Als Lebensgrundlage für das Kloster scheint das gut zu funktionieren. Am Wochenende kommen ganze Busse aus Hanoi mit Menschen, die hier Einkehrtage verbringen oder auch einfach einen Besuch vornehmen wollen.
Regelmäßig werden Gottesdienste in einer Grotte des benachbarten Berges gefeiert, die recht schwierig zu erreichen ist und wo eine große Statue der Lourdes-Madonna verehrt wird. Ich selbst nehme mir Zeit für einen gründlichen Besuch des Klosters, für Teilnahme am Gemeinschaftsleben und Gespräche mit den Mönchen. Zudem unterhalte ich mich lange mit dem ehemaligen Erzbischof von Hanoi, Joseph Ngô Quang Kiêt, der seit seiner Resignation im Kloster lebt. Wie er mir schildert, hängt für die Zukunft sehr vieles von einer qualifizierten Ausbildung des Klosternachwuchses ab. Hierfür muss man zusätzliche Kräfte mobilisieren, da die Zahl der Kandidaten erheblich ist.
Die Stundengebete in der Kirche werden in einer sehr gepflegten Form verrichtet. Die Begegnung mit der Gemeinschaft war ausgesprochen anregend. Es kamen unzählige Fragen, wobei mich beeindruckt hat, wie groß das Interesse war und dass sich bei den Fragen eine große Freiheit des Denkens zeigte.
Zu den Schwierigkeiten der Gemeinschaft zählt die Frage, wie man alle Mönche angemessen beschäftigen und den klösterlichen Rahmen weiter festigen kann und zwar in menschlicher, materieller und spiritueller Hinsicht. Wünschenswert wäre mehr Besuch von Mönchen aus anderen Landesteilen oder aus dem Ausland, damit der Horizont der Gemeinschaft geweitet wird.
Nach meiner Rückkehr nach Hanoi treffe ich mich erneut mit dem Klerus und Christen der Diözese und mit dem Erzbischof. Dieser ist mit 78 Jahren schon etwas älter, strahlt aber zugleich eine große Schlichtheit, Güte und Vitalität aus. Er erzählt mir, dass er eigentlich aus dem Süden des Landes stammt und etlicher Zeit bedurfte, bis er sich an die Mentalität im Norden gewöhnt hatte. Er wurde nach dem erzwungenen Rücktritt von Erzbischof Joseph nominiert und schon bald zum Kardinal ernannt. Wir unterhielten uns zwanglos über eine Vielzahl von Themen, bis er mich dann nach dem Grund meines Besuchs in Vietnam fragte. Als ich ihm erzählte, dass ich in meiner Eigenschaft als AIM-Mitglied Châu Son besuchen wollte, wies er auf ein neugegründetes Kloster in seiner Diözese hin mit Namen Hoa Binh, welches von der südvietnamesischen Abtei Thien An ausgegangen sei. Ich drückte meine Überraschung aus, da mir die Existenz dieses neuen Klosters bislang nicht bekannt war. Sofort griff er zum Telephon und arrangierte mit dem Prior von Hoa Binh einen spontanen Besuch der kleinen Gemeinschaft.
Besuch in Hoa Binh
Am zweiten Pfingsttag durfte ich in der Kathedrale die Hl. Messe für die französische Gemeinde von Hanoi feiern und traf mich anschließend mit dem Prior von Hoa Binh, der mich in sein Kloster bringen wollte.
Nach einer zweistündigen Autofahrt gelangten wir eine Bergregion, wo wir immer engere Straßen passierten. Schließlich erhob sich eine Kirche vor uns. Sie gehört zum Dorf, wo das Priorat seine Bleibe gefunden hat. Wir durchquerten ein einfaches Tor und parkten vor einem langgestreckten und bescheiden wirkenden Gebäude. Ein Mönch empfing uns. Wir traten in das Haus ein, begrüßten das Personal, das gerade in der Küche zugange war, und setzten uns zum Tee nieder. Die Neugründung wurde vor fünf Jahren begonnen. Zunächst schickte die Abtei den jetzigen Prior P. Franziskus zu einer Erkundung und anschließend folgten drei weitere Mönche, um das Kloster einzurichten. Die Gesamtanlage ist noch recht einfach, auch wenn es nicht an Zukunftsplänen fehlt, die teilweise sogar schon recht genau ausgearbeitet sind. Wir besichtigen das Gelände, das sich auf fünf Hektar erstreckt. Die Mönche würden es gerne noch erweitern, da sie verschiedene Kulturen anbauen, die recht gute Ergebnisse liefern. Wie ich sehen kann, sind die Felder in einem guten Zustand. Das Gelände ist von einer ansehnlichen Klausurmauer umgeben.
So scheint die Zukunft für dieses junge Kind recht vielversprechend. Ich bedauere es, dass ich von diesem interessanten Ort schon so schnell wieder scheiden muss.
Die Bilanz meiner Reise fällt recht positiv aus. Ich konnte eine Reihe mitbrüderlicher Kontakte knüpfen und erneuern. Es herrscht ein tiefes Bedürfnis nach monastischer Formung, das nach Möglichkeit unterstützt werden sollte. Die AIM kann hier durchaus ihren Beistand bieten. Im nördlichen Vietnam sucht die Kirche weitere Freiräume und möchte sich entwickeln. Jede Unterstützung ist willkommen, wobei ein kluges Vorgehen angebracht ist.
Besuch in Südvietnam (Juli 2016)
Im Juli ging es erneut nach Vietnam. Dieses Mal führt mich die Reise in den Süden. In meiner Begleitung befindet sich Pater Minh. Ursprünglich stammt er aus Vietnam, lebt aber nun schon seit 37 Jahren in Frankreich und ist Priester der Diözese Poitiers. Mit seinem Heimatland ist er in enger Verbindung geblieben und betreut in Frankreich Seminaristen, Ordensleute und Priester, die aus Vietnam stammen. Für mich ist er eine wertvolle Stütze bei meinen bevorstehenden Begegnungen, der mir helfen wird, besser die jeweiligen Hintergründe zu verstehen.
Nach unserer Ankunft in Ho Chi Minh Stadt (Saigon) begeben wir uns sofort mit dem Auto zum Kloster Thu Duc, das sich ungefähr 15 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt befindet. Es handelt sich um eine große Gemeinschaft mit ca. 80 Schwestern, worunter sich ungefähr 30 Postulantinnen und Novizinnen befinden. Die gesamte Liturgie ist auf Vietnamesisch und wirkt sehr ansprechend. Wir werden herzlich empfangen und mit allen möglichen exotischen Genüssen bewirtet.
Das Kloster erstreckt sich über zwei Hektar, wobei bemerkenswert ist, wie gepflegt die gesamte Anlage wirkt. Im Klosterbereich herrscht Schweigen und die Kontakte zwischen den Schwestern sind schlicht und freundlich. In ihren Werkstätten produzieren die Schwestern Hostien für zwei Diözesen (darunter Saigon) und Paramente. Die Küche wirkt ausgesprochen effizient organisiert. Die Schlafsäle der Novizinnen und Postulantinnen sind bescheiden eingerichtet mit Betten, die von einer Bastmatte bedeckt werden. Jede Schwester bewahrt ihre Habseligkeiten in einer einfachen Schachtel auf. Der Kapitelraum als Versammlungsort für die gesamte Gemeinschaft befindet sich in einem nach außen geöffneten Raum, der Gästebereich und die Werkstätten sind mit Bedacht geplant. Wir befinden uns in einem offenen Kloster, wo man spürt, wie die Lebendigkeit des Evangeliums durch die Räume weht und die Gemeinschaft sich um eine Verwurzelung der Benediktsregel auf vietnamesischem Boden bemüht.
Ich treffe mich mit der Gemeinschaft, wobei unser Gespräch schlicht und angenehm verläuft. Die Schwestern stellen Fragen mit tiefem geistlichem Interesse. Die Themen berühren vor allem die gelebte Erfahrung des Klosterlebens: was ist das Wichtigste, das Schwierigste oder das Schönste daran?
Nicht weit weg von Thu Duc entfernt liegt auf der anderen Seite der Stadt Saigon das Männerkloster Thien Phuoc. Ich breche am Morgen dorthin auf, nachdem ich noch an den Laudes um 4.30 Uhr, der anschließenden Hl. Messe und dem Frühstück teilgenommen habe. Thien Phuoc zählt zur Kongregation von Subiaco. Uns empfängt der Prior Administrator, der Subprior und ein junger Mönch, der ein ausgezeichnetes Französisch spricht. Auch dort beeindruckt uns die Weitläufigkeit der Gebäude auf einem eher eingeschränkten Gelände, das nur wenige Hektar umfasst. Nach der Begrüßung besichtigen wir zunächst das Gelände, auf dem sich eine große Kaffeerösterei, zwei Fischteiche, verschiedene Gartenkulturen, Kuhstall, Schweinezucht und ein Hühnerhof befinden. Dabei treffen wir auch auf zwei Affen, die ein ziemliches Spektakel veranstalten, als sie uns sehen.
Im Kloster leben ungefähr hundert Mönche. Zur Zeit wird gerade ein zusätzliches Klostergebäude errichtet. Es wurde bereits vor zwei Jahren begonnen, doch dann reichte das Geld nicht mehr. Wie auch in den anderen Klöstern begann der gewaltige Zuwachs an Mönchen mit großer Schnelligkeit und vor allem seit der Jahrtausendwende. Und wie in jeder Wachstumsphase muss man sich bewusst bleiben, dass der Sinn des Lebens nicht in Kraftentfaltung besteht, sondern in einer Vertiefung der eigenen Wurzeln.
Am Nachmittag ist ein Treffen mit den jungen Professen Vietnams vorgesehen, die sich zur Zeit gerade in Thu Duc befinden. Es wird ein intensiver Austausch mit vielen Fragen zum Klosterleben.
Am Sonntag, den 17. Juli, brechen wir nach der Morgenmesse und dem Frühstück zu einer fünfstündigen Autofahrt in den Norden von Ho Chi Minh Stadt auf, wo wir im Bergland eine Gründung von Thu Duc besuchen wollen. Unser Kleinbus ist gefüllt mit jungen Schwestern, die an dem Kurs in Thu Duc teilgenommen haben und nun in ihre Gemeinschaft in Loc Nam zurückkehren. Bei unserer Ankunft entdecken wir eine märchenhafte Landschaft, die sich um ein größeres Gewässer erstreckt. Dort leben inmitten einer exotischen Vegetation alle möglichen Wassertiere, vor allem laut quackende Frösche. Das Kloster wurde vor 17 Jahren gegründet. Heute lebt hier eine Gemeinschaft von ca. 40 Schwestern. Die AIM hat diese Neugründung sehr unterstützt. Am Abend treffe ich mich mit der Gemeinschaft zu einem Austausch.
Der folgende Morgen beginnt mit einer Ortsbesichtigung. Aufgrund der zahlreichen Wasserläufe um das Kloster herum gibt es leider auch viele Erdrutsche. Die Gemeinschaft hat schon verschiedene Konstruktionen angelegt, um sich dagegen zu schützen, doch hat sich das nicht bewährt. Daher wird zur Zeit ein Teil des Flussufers mit großen Steinblöcken befestigt, die von einem gewaltigen Kran dorthin gehievt werden. Um sich zu behelfen, haben die Schwestern einen neuen Bau erstellt, der die bestehenden Gebäude um zwei Etagen überragt. Die Schwestern leben noch teilweise in den Gründungsgebäuden, die allerdings sehr baufällig sind. Das gilt unter anderem für die Küche und das Refektorium. Der Gästebereich besteht aus einer Reihe von kleinen Hütten, die auf einem Berghang oberhalb des Flusses auf dem Gelände verstreut liegen. Das schaut recht schön aus, ist aber nicht sonderlich praktisch und pflegeaufwändig.
Die Gemeinschaft ist mittlerweile fest verwurzelt in der Region. Sie empfängt täglich ungefähr 100 Besucher beim Gottesdienst, dem der Ortspfarrer vorsteht. Am Sonntag kommen ca. 400-500 Gläubige, was sich bis auf ca. 1000 Personen an Weihnachten oder Ostern steigern kann. In der Pfarrei gibt es viele Taufbewerber und Taufen. Die Schwestern helfen musikalisch in der Pfarrei mit, vor allem bei der Schulung des Gemeindechors.
Bei meinem Gespräch mit Mutter Agnes, der Priorin von Loc Nam, versuche ich verschiedene Punkte zu vertiefen. Ich frage sie, was für sie bei einer internationalen Zusammenarbeit der Klöster der nützlichste Beitrag wäre. Ohne zu zögern antwortet sie, dass „wir füreinander beten.“ Auf meine Frage nach der größten Herausforderung für das heutige Klosterleben in Vietnam meint sie: „Die Begegnung mit der modernen Welt, welche die Mentalität komplett verändert hat.“ Sie berichtet mir, dass sich die Superioren der vietnamesischen Klöster alle zwei Jahre treffen und dabei über gemeinsame Fragen sprechen. Diese Treffen werden sehr geschätzt. Die Ausbildung versucht man durch verschiedene Mittel zu verbessern, zum Beispiel durch klosterübergreifende Workshops für Ausbilder und Kandidaten. Auswärtige Referenten helfen dabei mit.
Am Nachmittag findet ein Treffen mit der Gemeinschaft mit einem Austausch über den Sinn des klösterlichen Lebens statt. Unsere geteilten Erfahrungen lassen uns gegenseitig bereichert zurück.
Nach und nach gewöhne ich mich an meine neuen Lebensumstände und kann nachts auch besser schlafen. Die Hl. Messe wird immer sehr früh gefeiert, nämlich nach den Laudes, die um 4.00 Uhr beginnen.
Nach Thu Duc war dieser Aufenthalt in Loc Nam für mich besonders lehrreich. Ich konnte feststellen, wie sehr die katholische Bevölkerung Vietnams sich nach einer spirituellen Vertiefung sehnt. Sie misst nicht nur dem persönlichen Gebet, sondern auch der gemeinschaftlichen Dimension großen Wert bei, die als Verlängerung des Familienlebens gesehen wird. Das Familienleben selbst wird in Vietnam als ein Grundwert betrachtet und gründet sich in der Achtung vor der Weisheit der Vorfahren. Auch wenn das moderne Leben Abschwächungen mit sich bringt, bleibt es ein starker Bezugspunkt, der für alle eine erhebliche Anziehungskraft ausübt.
Zu Beginn des Nachmittags holt uns Bruder Vincent Liem (Doanh) von Thien Binh ab, der uns zu einem Ort bringen soll, der von seinem Kloster betreut wird. Es handelt sich um ein Anwesen von ungefähr 15 Hektar mit dem Namen Thien Loc, wo drei Mönche das Grundstück bewirtschaften. Damit soll das Mutterhaus zusätzlich unterstützt werden, aber auch die Voraussetzungen für eine eventuelle Neugründung geschaffen werden. Die Initiative ging ursprünglich von Thien An aus, aber letztlich betreiben alle Männerklöster Vietnams ähnliche Initiativen.
Mich beeindruckt die Schlichtheit, ja Ärmlichkeit der gesamten Anlage, kann aber auch feststellen, dass die baulichen Anlagen für die drei Mönche bereits in einem recht guten Zustand sind. Nachdem wir einen ausgezeichneten Avocado-Saft getrunken haben, steigen wir wieder in den Wagen und fahren in Richtung Thien Binh weiter, das wir nach dreieinhalb Stunden erreichen. Als wir gegen 17.30 Uhr eintreffen, erwartet uns bereits Prior Philippe Minh Vu Ngoc Tuy und der Visitator der vietnamesischen Provinz innerhalb der Sublazenser Kongregation, P. André Quang. Ich freue mich über die Begegnung, da ich sie schon von Frankreich her kenne, wo sie als Studenten in La-Pierre-qui-Vire wohnten.
Am folgenden Morgen besichtigen wir das Kloster. Das Anwesen erstreckt sich über 23 Hektar. Ein Teil des Geländes steht für ein eventuelles Studienhaus für die vietnamesischen Klöster zur Verfügung. Die Studien würden zunächst für Mönche eingerichtet, könnten aber später auch für Nonnen geöffnet werden. Aus verschiedenen Gründen ist dieses Projekt jedoch noch nicht spruchreif.
Wir setzen unseren Besuch in den Plantagen, bei den Fischbecken, der Farm und der Krankenstation fort. Diese Krankenstation ist ein Dienst für die umliegende Bevölkerung. Sie setzt traditionelle Medizin auf anspruchsvollem Niveau ein, z.B. Akupunktur und alle möglichen Formen von Massage. Zahlreiche Menschen suchen dort Heilung.
Mich beeindruckt, wie sich das Klosterleben in jeder Hinsicht auf einem hohen Standard bewegt: angefangen vom Gebetsleben, über die Arbeitsorganisation und die Gastfreundschaft bis hin zur Sorge für die Menschen der Umgebung.
Nach zwei Tagen in Thien Binh, wo ich ausführliche Gespräche mit dem Prior, dem Visitator und der gesamten Gemeinschaft geführt habe, geht es am Morgen weiter zum Kloster Vinh Phuoc, das der Zisterzienserkongregation der Hl. Familie angehört. Darunter befinden sich auch zwei ehemalige Studentinnen, die einige Zeit im Pariser Studienhaus Vanves gelebt haben.
Das Kloster ist gut konstruiert, weitläufig und wirkt freundlich. Die Gebäude sind harmonisch gestaltet. Wir besuchen am Vormittag die verschiedenen Teile des großen Geländes. Dort wird ein wenig Gartenbau und Viehzucht betrieben, eine Hostienbäckerei und eine Paramentenwerkstatt unterhalten. Es gibt auch wieder Fischteiche. Für die zahlreichen Gruppen wurden Gartenbereiche so eingerichtet, dass sie sich dort aufhalten und rasten können. Ihnen stehen Andachtsorte zur Verfügung wie eine kleine Kirche, die der Jungfrau Maria geweiht ist, ein großer Kreuzweg im vorderen Parkbereich usw.
Nachmittags treffe ich mich mit den Schwestern für einen freien Austausch. Es kommen mehr als hundert Schwestern, von denen die meisten sehr jung sind. Die Fragen konzentrieren sich auf einige Kernthemen und werden mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.
Am folgenden Tag treffe ich mich mit den Novizinnen gegen 6.00 Uhr Morgens, um mit ihnen über Ausbildungsfragen zu sprechen. Dabei tun sich tiefe Fragen auf und wir führen ein intensives Gespräch. Der Ausbildungsgrad der jungen Frauen überrascht mich. Die meisten haben einen höheren Schul- oder Universitätsabschluss. Sie wissen sehr gut, was sie wollen, und können es auch mit Überzeugung in Worte fassen. Jenseits der äußeren Höflichkeitsformen und einer Reihe von Konventionen, die mit der Landeskultur eng verbunden sind, finden sich tiefe Fragen, die ihre Wurzeln in den schrecklichen Verwundungen des Landes haben, das von politischen Kämpfen zerrissen wurde. Um sich wieder aus dem Staub erheben zu können, musste eine gewisse Leichtigkeit entwickelt werden, die alles mit einem freundlich-scherzhaften Licht umgibt, um nicht in der Verzweiflung zu versinken. Die heutigen Generationen haben die Kriegszeiten zwar nicht mehr erlebt, sind aber die geistigen Erben dieser Erlebnisse und der staatliche Druck ist weiterhin überall spürbar.
Die Nonnen gaben sich größte Mühe, um uns mit verschiedenen leckeren Gerichten zu verwöhnen, die für die vietnamesische Küche typisch sind. Auch wenn mir in diesem Bereich genauere Kenntnisse fehlen, habe ich die Vielfalt, den Abwechslungsreichtum, die Sorgfalt und die Kreativität der Gerichte bewundert, die übrigens auch alle sehr gut verdaulich waren.
Am Nachmittag brachen wir wieder im Auto nach Saigon auf, um uns dort mit einer Gruppe von vierzig jungen Professen von Vinh Phuoc zu treffen, die einen Sommerkurs der Theologischen Hochschule zu besuchen. Dieser Kurs wird alljährlich für drei Wochen angeboten und richtet sich an die verschiedenen Orden. Die vierzig Schwestern wohnen dabei in einem Haus, das dem Kloster gehört. Die AIM hat die Einrichtung dieses Gebäudes zu einem beträchtlichen Teil unterstützt. Die Schwestern schlafen und essen dort auf engem Raum. Dabei schlafen sie auf dem Boden auf Bastmatten, wobei eine eng neben der anderen liegt. Das Jahr über leben dort ungefähr zwei Dutzend Schwestern mit ewiger Profess, die an der Theologischen Hochschule von Saigon ihre philosophischen und theologischen Studien verfolgen.
Die Schwestern stellen viele kluge Fragen. Mutter Äbtissin erzählt die Geschichte des Hauses, das erst nach einigen Schwierigkeiten erworben werden konnte und ziemlich vergrößert werden musste. Dann singen wir gemeinsam die Vesper und essen zu Abend. Danach steigen wir wieder in den Wagen und fahren zum Kloster zurück.
Am folgenden Tag erzählt uns die Äbtissin (deren Äbtissinnenweihe erst am 14. August dieses Jahres stattfand) von den heroischen Anfängen ihres Klosters zur Zeit der Verfolgungen. Sie berichtet von einer Reihe von Ereignissen, die uns etwas hineinführen in die vietnamesische Mentalität und zeigen, wie sehr die Katholiken an ihrem Taufglauben hängen. Wir fühlen uns dabei sehr klein.
Anschließen brechen wir in Richtung des Klosters Phuoc Ly auf, das zur Zisterzienserkongregation der Hl. Familie gehört und das wir nach einer zweistündigen Autofahrt erreichen. Wir sehen vor uns ein ausgesprochen weitläufiges Kloster und werden im Klausurbereich untergebracht. Dort treffe ich verschiedene Mönche, die etwas Französisch beherrschen. Der Abt ist zur Zeit in Deutschland unterwegs.
Am Nachmittag tausche ich mich mit der Gemeinschaft aus. Vor allem die älteren Mönche ergreifen das Wort, von denen einige Französisch beherrschen.
An diesem Sonntag, den 24. Juli, begeht die Zisterzienserkongregation der Hl. Familie ihr 98-jähriges Gründungsjubiläum, was als Festtag gefeiert wird. Die feierliche Messe findet um 5.00 Uhr morgens statt, wozu ungefähr hundert Besucher erscheinen. Nach dem Frühstück spielen die Mönche Fußball und Volleyball, da es ein Festtag ist, was einen Teil des Tages füllt.
Nachmittags besichtigen wir das weitläufige Klostergelände. Die Landwirtschaft ist von einer beeindruckenden Größe mit ihren Kühen, den 500 Schweinen (gelegentlich werden bis zu 2000 Schweine versorgt), der Hühnerfarm und verschiedenen Anbaukulturen. Das alles verlangt auch ziemliche Investitionen, wobei das Kloster dennoch seinen Lebensunterhalt selbst decken kann. Lediglich für größere Ausgaben braucht es Hilfe von Sponsoren.
Ich besuche auch die umliegenden Bereiche des Klosters. Dort gibt es mehrere Hektar, auf denen Verschiedenes angebaut wird, Fischteiche, Reisfelder und mittendrin ein Marienheiligtum, das von vielen Pilgern besucht wird.
Wir kehren für die Vesper zurück. Nach dem Abendessen treffe ich mich mit P. Vincent, der für die Ausbildung des Nachwuchses zuständig ist. Er teilt mir seine Sorgen mit und wir beschließen, in Kontakt zu bleiben.
Am folgenden Tag treffen zwei Mönche von Phuoc Son ein, das auch zur Zisterzienserkongregation der Heiligen Familie gehört, um uns nach dem Frühstück zu ihrem Kloster zu bringen. Wir erreichen es bereits nach kaum einer Fahrtstunde und treffen dort auf dem Hauptplatz des Klosters ein. Der Abt des Klosters ist P. Johannes vom Kreuz, der uns vor dem Klostereingang erwartet. Ich freue mich, ihn wiederzusehen. Er lebte im Pariser Kloster Sainte-Marie-de-la-Source, als ich dort als Administrator eingesetzt wurde, um das Kloster in ein Gästehaus für Ordensmänner umzuwandeln, die in Paris studieren wollen. So haben wir dort über mehrere Jahre zusammen gelebt.
Wir werden im Gästehaus des Klosters untergebracht, begeben uns dann zur Mittagshore in die Kirche und nehmen anschließend am Mittagessen der Gemeinschaft teil.
Am Nachmittag treffe ich mich mit der Gemeinschaft und versuche dabei eine neue Art der Gesprächsführung. Dieses Mal stelle ich die Fragen zur Berufungsgeschichte einzelner Mönche, ihren geistlichen Weg usw. Das Ergebnis ist überraschend: Die Mönche wollen gar nicht mehr aufhören, von ihren persönlichen Erfahrungen zu sprechen, von der Entwicklung des Klosterlebens in Vietnam, warum es so viel Nachwuchs hier gibt usw. Dabei wird mir klar, dass die meisten gar nicht so jung sind, wie sie aussehen. Bisher hielt ich die Mönche für überwiegend 25 Jahre alt, aber tatsächlich sind sie eher um 35. Manche hatten ein ziemlich bewegtes Leben vor ihrem Klostereintritt. Man müsste mehr Zeit haben, um jedem zuhören zu können und so ein umfassenderes Bild von den augenblicklichen Lebensbedingungen dieser Gemeinschaft zu gewinnen. Abt Johannes vom Kreuz ist auch beim Austausch dabei und kann dabei viele wertvolle Hinweise geben. Da der Austausch auf großes Interesse stößt, setzen wir ihn nach einer kurzen Pause fort, bevor wir zur Vesper gehen. Noch zwei Mal treffe ich mich mit dem Abt und wir können verschiedene Punkte klären.
Am 26. Juli besuchen wir noch verschiedene Plantagen des Klosters im Umland und seinen Kuhstall. Dabei sahen wir eine Baustelle, wo eine Produktionsstätte für ein typisch vietnamesisches Nahrungsmittel errichtet wird. Ungefähr 30 Mönche sind dort tätig. Einer fuhr einen Bagger, die anderen schoben Schubkarren voller Zement. Ein beeindruckendes Schauspiel!
Wir machten auch einen Abstecher zum Zisterzienserinnenkloster Phuoc Thiên, das in der Nachbarschaft von Phuoc Son liegt. Dort leben ca. 30 Schwestern (die Mönchsgemeinschaft umfasst ca. 200 Männer), die uns ausgesprochen gastfreundlich empfangen.
Ihr Kloster ist recht bescheiden, aber zweckmäßig eingerichtet. Ich unterhalte mich mit der Gemeinschaft nach derselben Methode, die ich schon in Phuoc Son angewandt habe und auch hier ist die Resonanz sehr stark. Mehrere Schwestern erzählen, dass sie zu aktiven Frauenkongregationen gehörten, bevor sie in das Kloster eintraten. Dann beten wir gemeinsam die Mittagshore. Das Mittagsmahl im Refektorium wird in einer heiteren Stimmung eingenommen.
Nachmittags brechen wir wieder zum Kloster Thien Binh auf, wo unser Besuch zu kurz angesetzt war und das mich dennoch sehr beeindruckt hat. Bei meiner Ankunft freue ich mich, Prior Philippe, P. Andreas und die anderen wiederzusehen.
Nach der Vesper organisieren wir ein Treffen mit der Gemeinschaft entsprechend meiner neuen Methode. Der Austausch ist ausgesprochen lebendig, und wir verstehen nun besser die Anliegen des Klosterlebens vor dem besonderen Hintergrund Vietnams.
Am Mittwoch, den 27. Juli, lädt uns P. Philippe zu einem Besuch in einer buddhistischen Pagode ein, die sich ca. 20 Minuten vom Kloster entfernt befindet. Dort leben mehr als 200 buddhistische Mönche. Wie es scheint, hat auch der Buddhismus beachtliche Erfolge in Vietnam, was mit seiner Erziehungstätigkeit zusammenhängen mag. Viele Familien vertrauen diesen Klöstern ihre Kinder an, damit sie Schulunterricht und eine Einführung in die buddhistische Weisheitslehre erlangen.
Nach meinem kurzen Aufenthalt in Thien Binh kehre ich nach Thu Duc zurück, das ursprünglich mein Ausgangspunkt gewesen war. Dort treffe ich mich mit der Priorin und einer Nonne, mit denen ich nach meinen reichen Erlebnissen viel zu besprechen habe.
Gemeinsam mit Pater Minh erstellen wir eine Art Bilanz meiner Reise:
– Vietnam erlebt zur Zeit eine enorme Aufwärtsentwicklung, die auch der Kirche zugute kommt. Dies gilt trotz aller internen Probleme, der Landflucht, der Verstädterung und mancher anderen Schwierigkeiten. Die vietnamesische Kirche hat noch beträchtliche Ressourcen (so ist noch immer kein Verfall der kirchlichen Disziplin zu beobachten). Selbst mit der Übernahme moderner Lebensgewohnheit kann noch für viele Jahre eine starke Zukunft für die Kirche erwartet werden.
– In diesem stürmischen Aufschwung kommt der Ausbildungsfrage eine zentrale Stellung zu. Man muss die Ausbilder ausbilden. Die Kongregationen und monastischen Orden müssen dabei enger zusammenarbeiten. Es geht nicht, dass jede Gemeinschaft sich selbst irgendwie durchzuschlagen versucht. Es wäre gut, wenn die Ausbildung innerhalb Vietnams stattfinden kann mit gemeinsamen Lösungen für die monastische Formung. Hinsichtlich der theologischen Studien hat seit diesem Jahr die Katholische Hochschule von Ho Chi Minh Stadt ihre Pforten geöffnet. Warum sich nicht dieser Lösung bedienen?
– Wie können die Gemeinschaften ein stärkeres Selbstbewusstsein entwickeln ohne das Gefühl zu haben, sie müssten auf die Autorität „ausländischer intellektueller Kräfte“ zurückgreifen? Man muss sich des Reichtums vor Ort bewusst bleiben und eine eigene Entwicklung der Ortskirche und damit auch der örtlichen Klosterwelt fördern.
– Viele Christen und auch Mönche und Nonnen kommen aus dem Norden des Landes. Das könnte zu einem gewissen Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaften führen. Die Frage ist nicht ganz neu. Als 1954 die nördlichen Diözesen in den Süden flüchteten, kam es zu einem ähnlichen regionalen Gegensatz. Es wäre wichtig, dass für den Norden eigene Projekte entwickelt werden, die ihn ebenso voranbringen wie den großen Süden mit seinem Mekongdelta.
– Das vietnamesische Wesen ist ausgesprochen empfänglich für Religion. Daher hat es der Kommunismus auch nie richtig vermocht, seine Ideologie durchzusetzen. Wie kann man jungen Menschen dabei helfen, zu tieferen Glaubenserfahrungen zu gelangen? Bei Mönchen lässt sich gelegentlich ein kulturell bedingtes Interesse nach sozialem Aufstieg feststellen, das mit dem Klosterleben verbunden ist. Dasselbe lässt sich bei Priestern beobachten. Das verlangt nach einer geistlichen Begleitung und einer klugen Unterscheidungsgabe.
– Aus der Außensicht wirkt die Kirche ebenso wie die Gesellschaft Vietnams in vielfacher Hinsicht wie eine riesige Baustelle und zwar ebenso in äußerer Hinsicht wie hinsichtlich seines geistlichen Neubaus. Innerhalb der Gemeinschaften kommt es darauf an, ein Gleichgewicht zu finden zwischen persönlicher Entwicklung (was in der vietnamesischen Kultur noch nicht selbstverständlich ist) und dem klösterlichen Zusammenhalt der Gemeinschaft (die in Vietnam durch kulturelle Faktoren begünstigt wird, aber auch gelegentlich drückende Formen annehmen kann).
Am Abend des 27. Juli fliege ich nach Frankreich zurück. Diese zweieinhalb Wochen haben zwar nicht ausgereicht, um mir einen klaren Überblick über die monastische Wirklichkeit des Landes zu verschaffen, aber wenigstens haben meine Begegnungen viele konkrete Kontakte nach sich gezogen und wichtige Erfahrungen, die vieles anders sehen lassen als der Blick allein aus Europa.